Motivation
Seit einiger Zeit spiele ich nahezu jeden Morgen aus dem Repertoire von Johann Sebastian Bach, hauptsächlich aber aus dem Wohltemperierten Klavier. In der Folge las ich auch seine von Christoph Wolff verfasste Biografie. Dabei wurde mir bewusst, dass Bach diese Kompositionen vor allem auf einem Instrument verifizierte, dem Clavichord. Es entstand das Bedürfnis, diese Erfahrung nachzuvollziehen, aber auch neue Wege darauf zu finden und mich deswegen nach diesem Instrument umzusehen. Glücklicherweise erbot sich sogleich eine Gelegenheit, eine solches von einem Kirchenmusiker zu erstehen, welcher sich darauf sein Studium erarbeitete und nun zu einem Cembalo wechseln wollte.
Das Instrument
Das Clavichord ist ein Tasteninstrument aus der Familie der Chordophone. Der Tonumfang des Clavichords betrug anfangs zweieinhalb bis drei Oktaven, seit Mitte des 16. Jahrhunderts etwa vier, im 18. Jahrhundert fünf Oktaven und mehr.
Teile und Prinzipskizze des Clavichord: (A/B) Taste; (1A/1B) Tangente; (2A/2B) Tastenwippe; (3) Saite; (4) Resonanzboden; (5) fester Steg; (6) Filzstreifen
Die Klangerzeugung beruht darauf, dass Saiten (3) mittels sogenannter Tangenten (1A, 1B) angeschlagen und abgeteilt werden. Tangenten sind schmale, auf den hinteren Enden der zweiarmigen Tastenwippen (2A, 2B) vertikal angeordnete Metallplättchen oder am oberen Ende flach geschmiedete Metallstäbe. Wird eine Taste (A/B) angeschlagen, trifft die Tangente die zugehörige Saite an einer bestimmten Stelle und übt dabei eine Doppelfunktion aus: sie regt durch den plötzlichen Anschlag die Saite zum Schwingen an und übernimmt zugleich die Funktmion eines Steges, der die klingende Länge der Saite begrenzt. Das andere Ende der klingenden Länge, meist rechts, ist durch einen festen Steg (5) gegeben, der auf dem Resonanzboden (4) steht und die Schwingung auf diesen überträgt. Eine ähnliche Art der Klangerzeugung ist bei der Gitarre als hammer-on (Tapping) oder Aufschlagbindung bekannt, bei der Violine als „Klopfen“ (Übung zur Kräftigung der greifenden Finger).
Damit der zweite, links der Tangente liegende Teil der Saite nicht mitklingt, wird er mit durch die Saiten geflochtenen Filz- oder Tuchstreifen (6) abgedämpft.
Der angeschlagene Ton klingt so lange, wie die Taste gedrückt ist, also die Tangente an der Saite anliegt. Wird die Taste losgelassen, löst sich die Tangente wieder von der Saite; der klingende und der mit einem Filzstreifen abgedämpfte Teil der Saite hängen wieder ungetrennt zusammen und der Dämpfungseffekt tritt ein.
Das Erlebnis
Das Spiel auf dem neuen, sehr rudimentären Instrument bot ganz neue Erkenntnisse. Zuerst einmal ist es für einen Pianisten ein grossartiges Gefühl, nach dem Anschlag im Kontakt mit der Saite zu bleiben. Dadurch ist es möglich den Ausdruck mittels Vibrato und minimaler dynamischer Beeinflussung zu intensivieren. Auch braucht es eine besondere Entspanntheit, ansonsten das Instrument mit verstimmten Akkorden reagiert. Dadurch ist es allerdings auch möglich die Stimmung bewusst zu manipulieren, die Akkorde können „gefärbt“ und aus der Temperierung gelöst werden.
Die Musik
Da ich ja vor allem Jazzmusiker bin, lag es auf der Hand, auch diese Musik auf dem Clavichord auszuprobieren. Das Klangergebnis war ermutigend, trotz den Einschränkungen, wie kleiner Tastenumfang, kein Pedal, überaus minimalster Gesamtlautstärke und höchst diffiziler Anschlagskultur.
So mussten mögliche Stücke ausgewählt und umarrangiert werden.
Die Technik
Anlässlich der Jahresversammlung der Grubenmannstiftung im Zeughaus Teufen im Dezember 2020 bot sich mir die Gelegenheit in adäquater Umgebung mit den vielen Modellen der historischen Zimmermänner eine Performance mit dem Clavichord zu wagen. Es galt einen Vortrag des obersten Heimatschützers der Schweiz zu rahmen, bei dem es um die Verbindung von historischer Bausubstanz zu gegenwärtigen Bauvorhaben ging. Eine ideale Thematik für mein Experiment mit Gegenüberstellungen barocker und aktueller Musik.
Da das Instrument ja sehr leise ist, war und ist es eine grosse Herausforderung mittels moderner Technik die Musik auch für ein allerdings nicht so zahlreiches Publikum erfahrbar zu machen.
Video: Charly und Dodo
In diesem Video dokumentiere ich die Metamorphosen eines Grasfrosches und einer Kröte, welche sich auf meiner Liegenschaft abspielten. Die beiden erwachsenen Tiere konnte ich während eines Sommers beinahe täglich nachts antreffen. Mit einer Stirnlampe ausgerüstet begab ich mich zu ihren Lieblingsplätzen. Bei der unterlegten Musik handelt es sich um das Präludium es-moll BWV 853 von Johann Sebastian Bach.
Video: Lochezen
Dieses Video zeigt einen Erkundungsgang durch den stillgelegten Kalksteinbruch Lochezen bei Walenstadt. Zusammen mit Paul Giger wanderten wir durch das spannende Gelände während ich einige Filmaufnahmen anfertigte. Bei der unterlegten Musik handelt es sich um das Präludium B-Dur BWV 866 von Johann Sebastian Bach.